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Lernen auf Distanz und Führen auf Distanz – vermeintlich unterschiedlich, aber doch so ähnlich…

In den letzten Wochen habe ich mich immer wieder damit beschäftigt, was wohl aktuell die größten Herausforderungen für Führungskräfte und deren Teams sind. Ich habe Studien gelesen, selbst Befragungen durchgeführt und immer wieder sehr ähnliche Antworten gefunden.

Zum einen: Kinder, Kinderbetreuung und Homeschooling. Zum anderen Teambuilding, veränderte Kommunikation, Motivation und gleichzeitig ein Balanceakt zwischen Kontrolle und Vertrauen gegenüber dem Team… Über allem stand immer ein hoher zeitlicher Einsatz. Längere Tage, gefühlt mehr Arbeit, an unterschiedlichen „Baustellen“, die alle plötzlich an einem Ort vereint waren: ZUHAUSE!

Vergangene Woche durfte ich dann als Coach im Rahmen des Hackathon #wirfuerschule ein Team mit einem Design Thinking Prozess begleiten. Ein absolutes „WOW“ Erlebnis für mich, zu dem ich sicher an anderer Stelle nochmal berichten werde – hoffentlich mit positiven Ergebnissen nach der Jury Bewertung, die im Laufe der kommenden Woche erfolgen wird.

In dieser Zeit wurde aber der Begriff „Homeschooling“ durch das Lernen auf Distanz ersetzt. Und sofort begann in meinem Kopf der Vergleich zum Führen auf Distanz und da ich ein großer Freund von Abkürzungen bin, möchte ich heute die wichtigsten Gemeinsamkeiten aufzeigen.

So viel Vertrauen wie möglich, so viel Struktur wie nötig.

Sowohl das Führen, als auch das Lernen auf Distanz bedeutet Kontrollverlust. Sobald die Kinder oder die Mitarbeiter alleine von zu Hause arbeiten, kann ich die Prozesse nicht mehr beobachten. Eigenständigkeit ist nun gefragt, sowohl beim Lernen, als auch beim Arbeiten. Kein Lehrer oder Chef, der „mal eben“ über die Schulter schaut. Keiner, dem ich sofort eine Frage stellen kann und gleichzeitig auch weniger Störungen und Ablenkungen in diesem Kontext, aber andere Störungen durch das Arbeiten und Lernen am eigenen Schreibtisch – sofern der vorhanden ist…

Die individuelle Freiheit vergrößert sich auf beiden Seiten. Die Anzahl der individuellen Wahlmöglichkeiten steigt exponentiell an. Nicht jeder kann oder möchte diese Freiheit nutzen, da es nie gelernt wurde.

Mein Tipp: Es gilt eine Balance zwischen Kontrolle und Freiheit zu finden.

Wie kann ich diese Balance finden? Wir Menschen wünschen uns einen Weg. Dies gilt beim Lernen, genauso wie beim Arbeiten. Diesen Weg kann ich durch Strukturen in beiden Fällen herstellen. Es braucht einen Rahmen, in dem wir uns bewegen können. Leitplanken, die uns auf einem gemeinsamen Weg halten. Delegation von Aufgaben, die eigenständig vor Ort bearbeitet werden können, am besten auf Basis der vorhandenen Ressourcen, wozu im Wesentlichen die Stärken des Einzelnen gehören.

Dazu müssen wir unser Team kennen! Denn es wäre genauso ungeschickt einen Schüler, wie einen Mitarbeiter, dem das Zahlenverständnis fehlt, komplett mit einer komplexen, zahlenbasierten, analytischen Aufgabe allein zu lassen.

Kurz und knapp: Das volle Potenzial lässt sich nur dann ausschöpfen, wenn wir es schaffen, den Kontrollverlust zu akzeptieren, Freiheit geben, aber auch die Verantwortung übernehmen, wenn es mal nicht klappt!

So viel horizontale Kommunikation wie möglich, so viel synchrone wie nötig.

Räumliche Trennung bedeutet zunächst, dass jeder für sich isoliert agiert. Isolation ist aber für uns Menschen ein Leistungskiller! Im normalen Leben wird horizontale Kommunikation vor allem informell hergestellt. Das Schwätzchen am Kopierer, der gemeinsame Kaffee in der Kantine oder auch der Kakao oder das Tuscheln auf dem Schulhof. Man läuft sich einfach „über den Weg“.

Ja, aber kommunizieren wir denn nicht von daheim auch den ganzen Tag? Mail, Messenger, Telefon, Videokonferenzen usw. Und war nicht eine der großen Herausforderungen, der erhöhte zeitliche Aufwand? Natürlich quatschen wir „gefühlt“ mehr als im wahren Leben, aber über welche Dinge reden wir? Es sind die Sachinhalte, sowohl beim Lernen, als auch beim Führen. Die Beziehungsinhalte werden zugunsten der Effektivität häufig vernachlässigt. Hierzu aber mehr im letzten Tipp.

Mein Tipp: Weniger synchrone Kommunikation mit vielen Teilnehmern auf einmal. Virtuelle Gruppen- oder Pausenräume können ein hilfreiches Medium zum informellen Austausch sein, sollten aber kurz und knapp gehalten werden. Eine morgendlicher Check In mit gemeinsamen Kaffee oder Kakaotrinken wirkt wahre Wunder, genau wie es im realen Leben das Ankommen erleichtert.

Freiheit bedeutet übrigens auch, die Teilnehmer selbst bestimmen zu lassen, wann sie sich um welche Aufgaben kümmern, wann sie ein Feedback geben oder auf eine WhatsApp reagieren wollen. Plötzlich gibt es die Chance nachzudenken und nicht unmittelbar reagieren zu müssen. Damit werden die Menschen wieder flexibler und effektiver die richtigen Dinge zur richtigen Zeit zu tun.

Kurz und knapp: Der Begriff Empowerment würde es wohl trefflich beschreiben, den Grad an Autonomie und Selbstbestimmung im Leben der Menschen steigern.

 

So viel Beziehung und Empathie wie möglich, so viele digitale Tools wie nötig

Ja, die Technik ist wichtig. Aber der Mensch steht im Fokus! Die digitalen Tools sind wunderbare Kanäle, die für die Beziehungsebene genutzt werden können. Sicher kann uns auch ein Bot in vielen Fällen auf der Sachebene helfen, aber es geht um Menschen mit Emotionen und diese gilt es herzustellen und aufrecht zu erhalten.

Beziehung ist das Gegenteil von Isolation. Wenn Menschen außerhalb des reinen Sachthemas miteinander kommunizieren, entstehen Beziehungen. Es geht darum Menschen in (Lern+Arbeits) Prozessen individuell zu begleiten und das passiert auf genau dieser Ebene.

Mein Tipp: Menschen, die untereinander in Beziehung stehen sind viel produktiver, als jene, die sachlich und „beziehungslos“ miteinander kommunizieren -dies gilt für das Lernen und Arbeiten in gleichem Maß

Mal angenommen ein Mitschüler oder auch ein Kollege hätte richtig Mist gebaut, wäre ich bereit etwas für ihn auszubügeln oder ihn zu unterstützen, wenn ich ihn nicht kenne? Weiß ich aber, dass er gerade gesundheitlich angeschlagen ist oder vielleicht der Hamster gestorben ist, bin ich sicher eher bereit einzuspringen und zu unterstützen, oder?

An dieser Stelle ist auch die Empathie maßgeblich. Das bedeutet die Fähigkeit wahrnehmen zu können, was in meinem Gegenüber vorgeht. Ich würde Empathie sogar als Schlüssel für eine gelungene Kommunikation bezeichnen.

Schon im „normalen Alltag“ kommt es immer wieder zu Missverständnissen und Reibereien. Digitale Medien können dies noch verschärfen. Wer allerdings den Menschen am anderen Ende der Leitung persönlich kennt und in Beziehung steht, sich bestenfalls in ihn hineinversetzen kann, wird automatisch weniger Missverständnisse haben.

Kurz und Knapp: Es gilt die Kraft der Beziehung zu nutzen und immer wieder zu stärken.

Zusammengefasst: Die Distanz bringt ein paar Herausforderungen, die es zu meistern gilt – mit Hand, Herz und Hirn und einer pragmatischen Kommunikation kann sowohl das Lernen, als auch das Führen auf Distanz wunderbar gelingen.

Ich unterstütze Menschen gerne in diesem Prozess. Es ist an der Zeit die Herausforderungen kreativ zu lösen und sich wieder auf unsere Stärken zu besinnen, statt Zeit mit endloser Fehlersuche zu vergeuden. Leichtigkeit und Freude beim Lernen und Arbeiten sind das Ziel, absolute Klarheit die Voraussetzung. Gemeinsam finden wir Abkürzungen! Hier geht’s zur Soforthilfe 😉